Es gibt keinen Grund zur Eile!

Eine aktuelle Studie von Trend Research untersucht mögliche Szenarien zur Marktentwicklung bei der Klärschlammentsorgung bis 2030.
Zurzeit sind in Deutschland 23 Monoverbrennungsanlagen zur Klärschlammverwertung mit einer Gesamtkapazität von ca. 620.000 Tonnen TS (Trockensubstanz) in Betrieb. Es ist jedoch ein massiver Zubau geplant: 33 Neubauprojekte für Monoverbrennungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von über 1,0 Million Tonnen TS sollen gebaut werden.
Der überwiegende Teil dieser Anlagen befindet sich noch in der Planungs- bzw. Genehmigungsphase, bei den ersten Projekten hat der Bau bereits begonnen. Die meisten Kapazitäten werden derzeit in Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Bayern geplant.
Das kommunale Klärschlammaufkommen wird bis 2030 weiterhin leicht sinken. Im Jahr 2016 waren es 1,77 Millionen Tonnen TS. Bis 2030 wird sich diese Menge auf ca. 1,71 Millionen Tonnen TS reduzieren. Im Gegensatz zu den geringen Veränderungen des Aufkommens werden sich bis 2030 vor allem die Verwertungswege neu ausrichten. Welchen Anteil die Monoverbrennungsanlagen dann schließlich an der zukünftigen Klärschlammentsorgung haben, hängt einerseits von der Entwicklung der Phosphorrückgewinnung und andererseits von einer möglichen weiteren Einschränkung der stofflichen Verwertung ab. Insgesamt ist die weitere Nutzung der Mitverbrennung und auch der landwirtschaftlichen Verwertung als wahrscheinlich einzustufen. Diese Verwertungswege sind kostengünstiger als die Monoverbrennung und somit bekundeten die befragten Kläranlagenbetreiber Interesse, diese Wege weiterhin zu nutzen.

Angst vor Schweinezyklus
Die vielen Neubauprojekte lassen die Angst vor einem „Schweinezyklus“ aufkommen, getrieben unter anderem auch von den Dienstleistern und Planern, die mit Strategien, Konzepten und Planungen für Neubauprojekte Geld verdienen, aber auch von den Anlagenbauern, deren Durststrecke in Deutschland inzwischen so groß ist, dass dann notwendige Ressourcen teilweise gar nicht mehr vorhanden sind. Neben den 33 „offiziellen“ Neubauprojekten für Monoverbrennungsanlagen ist im Markt von 5 weiteren potenziellen Projekten die Rede. Falls diese Projekte weiterverfolgt werden, steigert sich – bei Annahme einer durchschnittlichen Neubaukapazität – die Gesamtkapazität der Monoverbrennungsanlagen um weitere 150.000 Tonnen TS – was fast 10 % des Gesamtmarktes oder 15 % des bisherigen Neubauvolumens entspricht. Konsequenzen können dann – wie in der Mitte des vorigen Jahrzehnts im Bereich der Ersatzbrennstoffkraftwerke, als Mengen plötzlich stark zurück gingen und Projekte nicht mehr rechtzeitig aufgehalten werden konnten – fallende Preise und unausgelastete Anlagen sein. Dies hatte den gesamten Markt für thermische Verwertung nachhaltig beeinflusst.

Alternativen zur Klärschlammverbrennung
Nicht berücksichtigt wird hierbei die bereits im Gang befindliche und in Zukunft sicherlich noch ausgeweitete Entwicklung von Alternativen zur Klärschlammverbrennung. Diese Form der Entsorgung kann und darf nur eine Zwischenlösung sein. Klärschlamm bietet ein enormes Potential zur Erzeugung erneuerbarer Energie und zur Rückgewinnung wertvoller Nährstoffe und Spurenelemente zur Pflanzendüngung. Klärschlamm-Monoverbrennung ist zwingend mit einem Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) verbunden und daher keine „grüne“ Energie, sondern befeuert zusätzlich den Klimawandel.
Eine Klärschlamm-Monoverbrennung ist technisch aufwendig und kann deshalb nicht dezentral neben den Kläranlagen gebaut werden. Die dezentral anfallenden Schlämme müssen über größere Strecken zur Klärschlamm-Monoverbrennung transportiert werden. Das verursacht zusätzliche Kosten und CO2-Emissionen. Es gibt nahezu CO2-freie Verfahren, die die gesetzlichen Bedingungen für eine thermische Hygienisierung von Klärschlämmen und die Phosphorrückgewinnung für die Landwirtschaft erfüllen. Dazu gehören die Pyrolyse, das HTC (Hydrothermale Karbonisierung)-Verfahren und auch die Klärschlamm-Vergasung. Alle diese Verfahren sind nicht nur fast CO2-frei, sondern auch weitgehend frei von Luftschadstoffen. Die Bundesregierung hat aus gutem Grund neue schärfere Verordnungen zum Umgang mit kommunalen Klärschlämmen definiert. Eine „thermische Hygienisierung“ (zur Inaktivierung von Krankheitserregern) und die Pflicht zur Phosphorrückgewinnung sind zwingend vorgeschrieben. Der Gesetzgeber spricht jedoch an keiner Stelle von dem Zwang zur Klärschlammverbrennung. Im Gegenteil wird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) 2023 eine Auswertung zu den besten Klärschlamm-Behandlungs- und Phosphor-Rückgewinnungsverfahren vorlegen und darauf basierend eine Neuorientierung sowie Empfehlungen für die Kommunen abgeben.

Es gibt also keinen Grund zur Eile!

Quelle – TrendresearchAlternativen zur Klärschlammverbrennung