BI beim Zweckverband Steinhäule Neu-Ulm

Vertreter der BI Bachlertal besuchen Klärschlammverbrennungsanlagen des Zweckverbands Klärwerk Steinhäule bei Neu-Ulm

Am Samstag 1.Februar besuchten einige Vertreter der Bürgerinitiative Bachlertal das Klärwerk Steinhäule bei Neu-Ulm, wo sich auch die Klärschlammverbrennungsanlage befindet. Betriebsleiter Erwin Schäfer informierte die Besucher bei einer Besichtigung ausführlich über die Thematik rund um die Klärschlammverwertung im ZVS, ZVK Steinhäule, der sich am Rand von Neu-Ulm direkt an der Donau befindet. Am ZVK sind bis jetzt 31 Städte, Gemeinden, Kommunalunternehmen und Zweckverbände zur Abwasserreinigung angeschlossen, die zusammen mit der zugehörigen Industrie ca. 440.000 Einwohnerwerten (EW) entsprechen. Die KVA verwertet jährlich ca. 40.000t (25% TR) eigenen und 52.000t (25%) fremden Klärschlamm (entspricht ca. 23.000t Trockenmasse), der getrocknet und anschließend in einem der beiden Wirbelschichtöfen verbrannt wird.

Betriebsleiter Schäfer erklärte ausführlich über verschiedenen Komponenten der KVA

Herr Schäfer gab ausführlich Auskunft über die Bereiche Trocknung, Verbrennung, Rauchgasreinigung, Grenzwerte und Anlagensicherheit. Sehr beeindruckend war die Tatsache, dass neben dem zweiten „Backup“-Ofen ebenfalls die Rauchgasreinigungsanlage, die aus Elektrofiltern, 2-stufigen Nasswäschern und Gewebefiltern besteht, komplett doppelt vorhanden ist, um eventuellen Störungen direkt, ohne den Prozess abschalten zu müssen, begegnen zu können. Ein Abschaltvorgang bedeutet das „worst-case“ Szenario beim kontinuierlichen Verbrennungsprozess, da ein Neuanfahren der Linie fast einen ganzen Tag in Anspruch nimmt.

Innenleben des zweiten Wirbelschichtofens
Schaubild der KVA

Beim Besuch wurde deutlich, dass der ZVK, der die Klärschlammverbrennung seit 1973 betreibt, sehr hohen Wert auf Anlagen- und Prozesssicherheit legt und die Abgaswerte weit unterhalb der geforderten Grenzen liegen. Ein Biomonitoring in der Umgebung, das u.a. mit Kohl und Weidelgras durchgeführt wird, belegt diese Tatsache. Ausserdem steht der ZVK in regem Austausch mit den Anwohnern und bietet ständig Werksführungen an, was sich in der Akzeptanz positiv widerspiegelt. Es gibt keine Probleme mit der umliegenden Bevölkerung. Die angrenzenden Stadtteile befinden sich bereits in einem Abstand von 1-2km. Die Effektivität der Rauchgasreinigung steht und fällt mit der Qualität des eingebrachten Klärschlamms, daher steht der ZVK in engem Austausch mit den angeschlossenen Klärwerken und Gewerbebetrieben, um deren Abwasseraufbereitung zu optimieren. Ebenso unterhält der ZVK ein hauseigenes Labor, in dem die angelieferten Schlämme auf deren Schadstoffe untersucht werden.

Rauchgasreinigung

Von besonderem Interesse war beim Besuch die Rauchgasreinigung, da diese einer der Hauptkritikpunkte bei der geplanten Anlage in Breitenhart ist. Beim ZVK wird der Schlamm mit 850°C verbrannt und nach dem Abhitzekessel einem Elektrofilter mit 350°C zugeführt. Dadurch bleiben das enthaltene Quecksilber und andere Schwermetalle noch in der Gasphase und können später über Trockenadsorptionsfilter abgeschieden werden. Es befinden sich ausserdem zwei Nasswäscherstufen (sauer, neutral) in der Reinigunglinie und ein Gewebefilter als Aktivkohlereaktor. Die Abwässer der Nasswäscher werden in der Kläranlage wieder gereinigt.

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass die Gesamtkosten der KVA 60 Mio. € betrugen, wovon 30 Mio. € alleine für die Rauchgasreinigung aufgewendet wurden.

Abgaswerte

Kontinuierlich werden folgende Schadstoffe im Abgasstrom gemessen: Staub, Quecksilber, Salzsäure, Kohlenmonoxid, Stickoxide, Schwefeldioxid, Ammoniak. Diese werden direkt an die zuständige Kontrollbehörde (LfU) übermittelt und sind dort online als Jahresmittelwerte ersichtlich. Diskontinuierlich werden vom TÜV noch jährlich Dioxine und Furane gemessen.

Restasche

In der Anlage entstehen ca. 8.000 t Asche pro Jahr, die überwiegend in der Düngemittelindustrie weiterverarbeitet werden. Derzeit wird noch untersucht, ob diese Restasche sogar in der Bio-Landwirtschaft eingesetzt werden kann, da sie weniger belastet ist als konventionelle Düngemittel, die in den üblichen Lagerstätten bergmännisch abgebaut werden. Die Abscheidung am Elektrofilter bei 350°C macht eine geringe Schadstoffkonzentration in der Asche möglich, da die meisten Schadstoffe den E-Filter gasförmig passieren und erst in den Nasswäschern oder Schlauchfiltern an die Aktivkohle gebunden werden. Die Reststoffe aus dem Gewebefilter betragen nur ca. 50t pro Jahr und werden als Versatzbaustoffe im Bergbau eingesetzt. In Breitenhart wäre durch die fehlenden E-Filter und Nasswäscher keine solche Trennung möglich. Der Anfall von toxischer Restasche wäre um das Hundertfache höher.

Personal, Kompetenz

Die Anlage wird im Schichtbetrieb kontinuierlich überwacht und betrieben und ist mit Ingenieuren, Elektrotechnikern, Maschinenbauern, Kesselwärtern und Kraftwerksmeister besetzt. Im gesamten Klärwerk sind 56 Personen beschäftigt. In den Aussagen und Kenntnissen von Herrn Schäfer wurde ein umfangreicher Erfahrungsschatz, Planungskompetenz und Betreibererfahrung erkennbar, ohne die eine Anlage dieser Größenordnung und Komplexität nicht optimal betrieben werden kann. Da diese Anlagenart immer eine Prototypenanlage darstellt, benötigt die Errichtung und der Betrieb immer ein Team von Planern, Anlagenbauern und Betreiberpersonal mit Prozesskompetenz und Einsatzbereitschaft. In Steinhäule war eine hochmotivierte Mannschaft vorzufinden.

Leitstand
Aussichtsplattform mit Blick auf Klärwerk und Rauchgaskamin

Fazit

Der Besuch war extrem informativ und aufschlussreich. Die Anlage in Steinhäule ist in vielerlei Hinsicht eine Vorzeigeanlage. Die Kompetenz des Betriebsleiters, der sich aus freien Stücken an einem Samstag viele Stunden Zeit genommen hat, ist ohne Beispiel. Herr Schäfer kennt jedes Detail der Anlage, die sich über 25 Hektar erstreckt. In den vergangenen Jahrzehnten wurden unermessliche Erfahrungsschätze bei der Abwasserklärung und Klärschlammverbrennung gesammelt und kontinuierlich zur Prozessverbesserung verwendet. Der Standort der Verbrennungsanlage am Klärwerk ist ideal, da viel unnütze Transportwege wegfallen. Der ständig wachsende Zweckverband legt Wert auf Kommunikation sowohl zwischen den Einleitern und Klärschlammlieferanten als auch mit der umliegenden Bevölkerung und stellt sich nur positiv dar. Das Betriebsmodell, das keiner Gewinnerzielung unterliegt, lässt Spielraum für eine ständige Prozessoptimierung. Der ZVK arbeitet mit verschiedenen Instituten, Forschungseinrichtungen und Aufsichtsbehörden zusammen. Betreiberpersonal ist in ausreichendem Maße vorhanden, gut ausgebildet und qualifiziert und findet eine angenehme Arbeitsatmosphäre vor. Die verbauten Anlagenkomponenten sind definitiv Stand der Technik und die Abgasreinigung ist beruhigend zuverlässig.

Zusammenfassend stellten alle Beteiligten fest, wie komplex und aufwändig sich die Verbrennung von Klärschlamm aufgrund der Vielzahl von enthaltenen Schadstoffen gestaltet und wie sensibel und umfangreich die Steuerung und Überwachung des Prozesses ausgelegt ist. Die große Masse von einigen zehntausend Tonnen zu verbrennenden Materials zusammen mit einem Betrieb, der rund um die Uhr über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten läuft, macht dies allerdings erforderlich, um die Belastungen für die Umwelt so gering wie möglich zu halten. Ins Auge sprangen deshalb die zum Teil großen Unterschiede der Anlage am ZVK im Vergleich zur geplanten Anlage in Breitenhart.